Tiefbrunnenpumpen für bis zu 100 Meter Tiefe
Tiefbrunnenpumpen für bis zu 100 Meter Tiefe, oft werben Hersteller mit dieser Ansaughöhe bei Brunnenpumpen. Die Wahrheit ist aber: Effektive und spezialisierte Brunnenpumpen können maximal aus bis zu 8 Metern Wasser mit entsprechend hohem Druck ansaugen. Warum dies so ist, erfährst du jetzt.
Warum können Tiefbrunnenpumpen nicht Wasser aus bis zu 100 Meter Tiefe fördern?
Inhaltsverzeichnis
Zum besseren Verständnis, warum Tiefbrunnenpumpen nicht, wie versprochen zuverlässig Wasser aus bis zu 100 Meter fördern können, soll dir nun dieses fiktive Beispiel helfen. Denn alles, was das Herstellerversprechen nahezu unmöglich macht, hat etwas mit der Physik zu tun:
- Es herrscht eine Umgebungs- und Wassertemperatur von 10 °C.
- Der Luftdruck beträgt 1000 mbar.
- Die Erdanziehung ist überall normal und mit einem Wert von 10 m/s².
In den See wird nun ein Brunnenrohr von einer Gesamtlänge von 20 Metern eingetaucht. Das eine Ende ist vollständig verschlossen, das andere ganz offen. Damit keine Luft mehr im Rohr zurückbleibt, wird es nun mit der Öffnung schräg nach oben unter Wasser gedrückt. Erst wenn alle Luft entwichen ist, und das Rohr vollständig mit Wasser gefüllt ist, wird das Rohr bis hinunter zum Seegrund herabgelassen.
Die magische Grenze liegt bei 10 Meter Höhe
Im weiteren Verlauf des Versuchs wird das Rohr nun stückweise wieder aus dem Wasser herausgezogen. Durch die vollständig verschlossene Seite bleibt das Wasser im Rohr stehen. Wie Saft in einem mit einem Daumen verschlossenen Trinkhalm. Durch den Verschluss wird verhindert, dass Luft in das Brunnenrohr eindringen kann. Erst wenn das Rohr 10 Meter weit aus dem Wasser ragt, passiert etwas: Unterhalb der Verschlusskappe bilden sich Gasblasen an der Wasseroberfläche. Zum einen beginnen nun doch langsam die Gase aus dem Wasser zu entweichen. Zusätzlich dazu fängt das Wasser im obersten Bereich des Rohres an zu verdampfen. Doch was hat das mit einer Tiefbrunnenpumpe zu tun, die aus bis zu 100 Meter Tiefe fördern kann?
Auch bei einer Tiefbrunnenpumpe sieht die Reaktion des Wassers genauso aus
Du kannst den Versuch unzählige Male wiederholen – immer mit exakt dem gleichen Ergebnis. Ab 10 Metern gast das Wasser im Rohr aus und beginnt quasi zu verdampfen. Der Grund liegt am Schweredruck der meterhohen Wassersäule, gemäß der Formel:
∆p = h * ρ * g
∆p = Höhendifferenz
h = Höhe der Flüssigkeitssäule
ρ = Flüssigkeitsdichte
g = Erdbeschleunigung
Gemäß dem davor beschriebenen Versuchsfeld gilt:
h = 10 m
ρ = 1000 kg/m³
g = 10 m/s²
Das ergibt für ∆p 1000 mbar Druck.
Warum hat dann eine Tiefbrunnenpumpe keine Saughöhe bis 100 Meter?
Das Wasser, dass die Tiefbrunnenpumpe also aus bis zu 100 Meter Tiefe pumpen soll, hat bei 10 Metern Höhe über der Seeoberfläche einen Druck von 1000 mbar. Entspricht das dem Umgebungsdruck halten sich der Luftdruck und die Wassersäule die Waage. Doch damit kann die Wassersäule nicht mehr weiter steigen, da der Luftdruck als Gegendruck nicht mehr ausreicht. Demnach beträgt die maximale Saughöhe bei diesem Beispiel 10 Meter. Es spielt auch keine Rolle, dass eine Tiefbrunnenpumpe bis zu 100 Meter tief in Wasser eingetaucht ist. Denn einzig und allein der Luftdruck bestimmt die maximale Saughöhe einer Pumpe. So kann in diesem Beispiel der Luftdruck das Wasser nicht höher als 10 Meter in das Rohr drücken.
Aber ist unter Realbedingungen nicht doch eine Saughöhe bis zu 100 Meter mit einer Tiefbrunnenpumpe möglich?
Im eben beschriebenen Beispiel wurde ein ganz einfaches Versuchsfeld skizziert. In der Realität beeinflussen jedoch ganz andere Werte die Saughöhe einer Pumpe. Hier kommt der Druck ins Spiel. Nicht jede Pumpe kann einen negativen Überdruck (umgangssprachlich Unterdruck) verkraften. In den meisten Fällen sind das nur 200 mbar. Damit läge die Saughöhe aber bei gerade mal nur noch 8 Metern (1000 mbar – 200 mbar = 800 mbar).
Ebenfalls entscheidend ist die temperaturabhängige Dichte des Wassers. Aus physikalischer Sicht verdampft 20 Grad warmes Wasser erst bei rund 18 mbar. Demnach könnte also eine Tiefbrunnenpumpe 20 Grad warmes Wasser auf 9,82 Meter Höhe transportieren, ehe es wieder verdampft. Dagegen würde 82 °C warmes Wasser bereits bei 500 mbar Druck verdampfen. Das entspricht aber nur noch einer Saughöhe von 5 Metern. Doch wo liegen dann die 100 Meter, bis zu denen Tiefbrunnenpumpen laut den Herstellerangaben fördern können? Die gibt es nicht.
Doch es gibt doch auch Brunnenschächte die tiefer als 20 Meter sind
Warum gibt es dann aber Brunnen, in denen Tiefbrunnenpumpen aus 20 Meter Tiefe Wasser ansaugen können? Dafür gibt es zwei Gründe:
1. Das Saugrohr ist tatsächlich auf 20 Meter abgesenkt. Doch dann muss der Grundwasserspiegel sehr weit darüber liegen. Entscheidend, wie das Beispiel zeigt, ist die Saughöhe ab der Oberkante des Wasserspiegels. Dabei spielt es keine Rolle, ob das der Grundwasserspiegel oder ein See ist. Vereinfacht gesagt: soll die Tiefbrunnenpumpe aus bis zu 100 Meter Tiefe Wasser fördern, müsste die Oberkante des Grundwasserspiegels mindestens bei 80 Meter liegen.
2. Die Pumpe ist mit dem wasserfördernden Rohr in die Tiefe abgelassen und sitzt genau mittig im nachfließenden Grundwasser montiert. Dabei saugt sie das Wasser aber nicht an, sondern sie drückt es nach oben. Bei dieser Methode kann die Wassersäule nicht abreißen oder verdampfen. Die Druckhöhen von Brunnenpumpen sind rein physikalisch unbegrenzt.
Doch dann kann eine Tiefbrunnenpumpe doch auch Wasser aus bis zu 100 Meter Tiefe nach oben drücken.
Der Luftdruck macht der Saughöhe einen Strich durch die Rechnung
Die theoretische Saughöhe wird durch den Luftdruck bestimmt. Für Wasser liegt demnach die Grenze bei 10 Metern. Praktisch kann die Brunnenpumpe diese Saughöhe jedoch nicht erreichen. Selbst der pfiffigste Hersteller kann die Gesetze der Physik nicht überlisten. Es bleibt dabei: Bei zu hohem Unterdruck verdampft das Wasser. Deshalb ist die Saughöhe auf 10 Meter begrenzt und 100 Meter bleiben für eine Tiefbrunnenpumpe unerreichbar.
Darum können Tiefbrunnenpumpen kein Wasser aus bis zu 100 Meter Tiefe fördern
Je nach Bauart sind Brunnenpumpen auf einen bestimmten Umgebungsdruck auf der Saugseite angewiesen. Würde dieser fehlen, käme es zu Schäden an den Laufrädern. Begründen lässt sich das mit dem physikalischen Phänomen des Wassers, in Abhängigkeit von seinem Umgebungsdruck und der vorherrschenden Temperatur zu verdampfen. Dieser Vorgang wird auch Kavitation genannt. Somit muss abschließend noch ein weiterer Punkt genannt werden, der die Wasserförderung aus bis zu 100 Meter mit einer Tiefbrunnenpumpe verhindert: Das physikalische Gesetz zum Dampfdruck.